Die Zeit der Coronamassnahmen hinterlässt tiefe Spuren in der Gesellschaft. «Kinderviews» schildert Erlebnisse aus der Perspektive junger Menschen im Alter von fünf bis siebzehn Jahren. Ihre im Buch gesammelten Beiträge, die sie in Interviews, Illustrationen und Erfahrungsberichten gestalteten, berühren durch ihre Leichtigkeit und Echtheit.
Ihre Erzählungen aus Kindergärten, Schulen und von zu Hause werfen aber auch Fragen auf, die wohl erst in vielen Jahren schlüssig beantwortet werden können. Die Beiträge bringen einen zum Nachdenken und sie motivieren zum Überdenken. Es ist höchste Zeit, den Kindern endlich zuzuhören.
Erscheinungsdatum: 13. Dezember 2022
Buch: 19 x 24 cm, 144 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-033-09602-8
Herausgeberin: Esther Wintsch
Texte/Textredaktion: Esther Wintsch, Urs Zeiser
CHF 27 (zzgl. Versand)
In diesem Buch kommen unsere zukünftigen Entscheidungsträger zum Thema Corona zu Wort – nämlich Kinder und Jugendliche. Die hier gesammelten Kinderstimmen und -illustrationen richten sich an Erwachsene und wollen einen Einblick geben, wie Kinder und Jugendliche diese Ausnahmesituation erlebt haben, welche Erinnerungen sich bei ihnen eingeprägt haben und wie sie darüber denken.
„…
Obwohl die Massnahmen schon am 1. April alle beendet waren, durfte ich in der Woche vor den Frühlingsferien nicht mit meiner Klasse auf Sprachreise nach Frankreich gehen. In Frankreich bestand keine 2G-Regel mehr für die Einreise und ich hätte so gesehen eigentlich mitfahren können. Die Schulleitung erlaubte aber nur geimpften und genesenen Schülerinnen und Schülern auf die Reise mitzukommen. Das war unerhört, illegal und ohne Zweifel Diskriminierung. Ich fügte mich aber dieser willkürlichen Anordnung und blieb dann eben zu Hause.
Nachträglich, als die Pandemie schon vorbei war, erfuhr ich beim Durchblättern des Jahresberichtes der Schule etwas sehr Erschreckendes. Offenbar hatte die Schulleitung Ende September 2021 beschlossen, eine 80 % Impfquote für Klassenreisen ins Ausland einzuführen. Klassen, die diese Impfquote nicht erfüllten, durften keine Auslandsreisen durchführen.
Als ich das erfuhr, machte mich das sehr wütend. Wieder einmal hatte die Schulleitung ganz alleine eine Entscheidung getroffen, die gar nicht in ihrem Ermessen gewesen wäre. Die Schulleitung legte uns indirekt also noch einen Zwang mehr auf, uns impfen zu lassen. In dem Fall war es sogar eine Art Gruppenzwang, weil man als Ungeimpfter unter Umständen ja dafür verantwortlich gemacht worden wäre, dass die Klasse nicht ins Ausland hätte fahren dürfen. Die damalige Verantwortliche fürs Schutzkonzept an der Schule, die auch Teil der siebenköpfigen Schulleitung ist, schrieb im Jahresbericht ganz scheinheilig auch noch Folgendes: «Dieser Entscheid ist uns nicht leicht gefallen. Und der Druck auf ungeimpfte SchülerInnen wird dadurch auch nicht kleiner.»
Die letzten zwei Jahre haben mir das wahre Gesicht vieler Menschen gezeigt. In Krisensituationen und wenn man sie gegeneinander aufhetzt, sieht man, zu was die Menschen alles fähig sind. Sie sind trotz all dem schönen Gerede um Gleichberechtigung und Nicht-Diskriminierung sehr wohl fähig, andere zu diskriminieren. Und zwar dann, wenn sie meinen, gewisse Menschen seien Unmenschen, in diesem Fall Ungeimpfte und so genannte Covidioten, was überhaupt nicht stimmt. Statt sich darüber Gedanken zu machen, was die Gründe für die Meinung dieser andersdenkenden Menschen sind, diskriminieren und mobben sie sie lieber.
Die letzten zwei Jahre waren für mich eine sehr schwierige Zeit. Sie waren psychisch, aber auch physisch sehr herausfordernd. Ich habe in diesen zwei Jahren aber auch vieles gelernt.
Ich habe gelernt, auf meine innere Stimme oder mein Gefühl zu hören, mich nicht unterkriegen zu lassen, mir stets selbst treu zu bleiben und vor allem, standhaft zu bleiben. Das ist gar nicht so einfach, wenn die ganze Welt verrückt spielt und es scheinbar kaum einen anderen Menschen gibt, der so denkt wie man selbst. Und trotzdem habe ich es geschafft. Auch dank des Rückhalts meiner Eltern und meiner Freunde, die so denken wie ich.“
Thomas, 17 Jahre, Biel
Für viele Menschen waren die letzten drei Jahre herausfordernd, teilweise überfordernd, sicher anstrengend und schwierig. Für mich selbst waren sie aber auch ein grosses Glück. Die jähe Zäsur mit dem verordneten Abstand ermöglichte mir eine nie zuvor erlebte Distanz zu meinem beruflichen Umfeld und ich begann, gängige Narrative zu hinterfragen. Diese Zeit war ein Perspektivenöffner für mich. Obwohl ich als Unterhaltungs-Redaktorin beim Schweizer Radio und Fernsehen SRF keine Berührungspunkte mit News und Politik hatte, verfolgte ich die Berichterstattung rund um das Thema Corona sehr aufmerksam. Wie konnte es sein, dass die Leitmedien ihrer Pflicht, kritisch, unabhängig und ausgewogen zu berichten, nicht (mehr) nachkamen? Eine Identifikation mit meinem Arbeitgeber war mir deshalb schon nach kurzer Zeit nicht mehr möglich. Und obwohl ich meine Arbeit sehr liebte, kündigte ich meine Stelle nach 25 Jahren.
Als Mutter von zwei erwachsenen Söhnen waren meine Gedanken vor allem bei den schutzbedürftigsten unserer Gesellschaft, bei den Jüngsten. Sie sind uns Erwachsenen ausgeliefert und können nicht einfach ihren «Job» in der Schule kündigen, wenn ihnen ihr Bauchgefühl sagt, dass «etwas nicht stimmt».
Was macht es mit Kinderseelen, wenn ihnen von offizieller Stelle eingeimpft wird, dass sie potentielle Gefährder ihrer Grosseltern sind? Und danach von Gefährdern plötzlich zu Gefährdeten mutieren? Was haben Kinder und Jugendliche vermisst zur Zeit der sozialen Isolation, des Homeschoolings und der latenten Bedrohung eines unsichtbaren Feindes namens «Coronavirus»?
Solche Fragen haben mich umgetrieben. So begann ich mich auf die Suche nach Kindern und Jugendlichen zu machen, um zu erfahren, wie es ihnen nach zwei Jahren Ausnahmezustand geht.
Mein Freund Urs Zeiser hat mich in meinem Vorhaben unterstützt. Wir haben gemeinsam diskutiert, debattiert, hinterfragt und abgewogen. Als Körpersprache-Vermittler hat er einige Gedanken im «Intermezzo» in der Mitte des Buches zusammengefasst. Von Beginn weg war uns beiden klar, dass diese Zeit bei allen Kindern Spuren hinterlassen würde, egal ob ihr soziales Umfeld für oder gegen diese Massnahmen war.
«Wir mussten rausgehen, damit wir den Nikolaus drinnen nicht anstecken.»
Leif, 5 Jahre
«Ich wünsche mir, dass die Politiker nicht mehr so lügen.»
Andrin, 8 Jahre
«Die Politiker mussten dann schnell etwas herausfinden. Schnellschnellschnell. Irgendetwas.»
Andrin, 8 Jahre
«Ich wollte mal Bundesrat werden aber das möchte ich jetzt eigentlich eher weniger, weil ich gesehen habe, was Politiker anrichten können.»
Sunar, 11 Jahre
«Entweder testen oder Maske. Und wir wollten beides nicht machen.»
Elyssia, 13 Jahre
«Man war so ein bisschen wie versiegelt.»
Vin, 15 Jahre
«Die Masken wurden immer korrekt getragen und zum Teil kontrollierten sich die Schüler sogar gegenseitig.»
Thomas, 17 Jahre
Kontakt: info@kinderviews.ch